Roselies, Seite 10 |
Ein besonderes Ereignis nahe der belgischen Grenze
machte es
möglich, in diesem Jahr wieder an den Feierlichkeiten in
Roselies zum Gedenken
an die Kriegsereignisse 1914/18 teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit wollte ich die Gegend um die Ortschaft eingehender erkunden, um mir ein besseres Bild von dem Gefecht bei Roselies zu machen, welches von Sobbe in der Geschichte des InfRgt 92 beschrieben hat. Weiterhin stand auch ein Besuch des Soldatenfriedhof Belle-Motte auf meinem Programm. Auch wollten meine Frau und ich bei der Schuleinweihung und der Enthüllung eines "Friedensdenkmals“- so wurde es mir benannt - dabei sein. Aber das alles zu finden war nicht einfach, trotz Navi. Bis Tamines ging alles glatt. Doch dann musste man sich auf sein Gespür verlassen. Die Ortsausschilderung - sofern es eine gab - ist einfach miserabel. Hinweisschilder sind in unterschiedlichen Höhen angebracht. Teilweise in Kniehöhe, dann wieder in Brusthöhe und auch in Kopfhöhe waren etliche zu finden. Und das, was in Tamines nach der Sambreüberquerung nach Aiseau zeigt, war etwas größer als ein DIN-A 4 Bogen in Querformat. Da mein Navi nicht mehr durchblickte, versetzte ich es in den Ruhezustand. Über Menonri in Roselies angekommen, ging es auf der Rue des Français nordwärts nach Tergné̒e und zur Brücke über die Sambre mit Blick auf Lambusart. Danach zurück zur Ortsmitte |
Von
Lambusart, gelegen auf den hinter der Brücke zu
sehenden Höhen, marschierte am 22. Aug. 1914 nachts um ca. 03:00 das InfRgt 92 über die Sambrebrücke durch den kleinen Ortsteil Tergnée in südlicher Richtung gegen Roselies, um die südlich davor liegenden Höhen zu nehmen, die noch von französischen Truppen besetzt waren. Die Brücke war tags zuvor von dem InfRgt 91 ge- nommen und von diesen gehalten. Von hier sind es bis zu den ersten Häusern von Roselies ca. 250 m. In Tergnée soll ein Lt von Wrangel die Erschießung von 15 Personen befohlen haben - so von Sobbe - und so auch von einem der 4 Überlebenden berichtet. Nur in Tergnée ist kein Hinweis darauf zu finden. Da schweigt sich auch der Bericht des Forschungsteam aus. Nach französischen Berichten soll der Weg nach Roselies ( ca. 250 m!) von einer belgischen Geisel gezeigt worden sein, die 2 Tage später erschossen in Roselies aufgefunden wurde. Deutsche Hinweise gibt es dazu nicht. Der Forschungsbericht entlastet deutsche Soldaten. Hat man ihn wegen Verrats erschossen? |
Nach ca.
weiteren 250 m trifft man auf die Kirche, die dem im nebenstehenden
Bild zu sehenden Gebäude schräg gegenüber
steht. In diesem Gebäude wurde 2015 noch die Friterie de
Roselies betrieben, die aber nun nicht mehr in Betrieb ist. Die Straße davor geht von Norden durch Roselies in südlicher Richtung nach Aiseau. Kurz hinter dem Zebrastreifen kam es zu dem Treffen mit den anrückenden Franzosen. Aber wer waren die, die aus den umliegenden Häusern geschosssen haben? Dieser Kampf um Roselies zerstörte einen großen Teil der Ortschaft durch den Beschuss durch französische und auch deutsche Artillerie. Auch sollen Häuser aus verschiedenen Gründen in Brand gesetzt worden sein. Die Kirche wurde im Kampfgeschehen als Lazarett eingerichtet. In französischen Schriften wird erwähnt, dass sie deutschen Soldaten schon früh als Feuerstellung diente, was aber nur bedingt von Nutzen gewesen sein kann, da die Kirche schon früh von der auf- gehenden Sonne angeleuchtet wurde und ein Zielen nach unten in den schattigen Bereich schwerlich war. Hier sind Zweifel angebracht. |
Fährt
man rechts in die Straße, erreicht man wiederum nach 200 m den Ort, an dem der Abbé Pollart von Soldaten des InfRgt 164 erschossen wurde. Eine seitlich angebrachte Tafel berichtet davon. Zu einem späteren Zeitpunkt gehe ich darauf ein, da die Rolle vieler belgischer Priester nach wie vor nicht eindeutig geklärt ist. Autor Ulrich Keller widmet in seinem Buch "Schuldfragen - Belgischer Untergrundkrieg und deutsche Vergeltung im August 1914" diesem Problem ein eigenes Kapitel. |
![]() |
Ein
wenig nachdenklich stimmt das Erscheinungsbild der beiden Denkmäler. Von Feierlichkeit keine Spur, beide Bilder sind um ca. 12:50 gefertigt, um 14:43 dann ein Gesteck am Kriegsdenkmal in Ortsmitte. Im nebenstehenden Blumenkübel war ein großer Teil der Blumen verrtrocknet. |
![]() |
![]() |
|
Südlich
von
Aiseau dann der alte Gutshof Belle-Motte mit dem gleich
danebenliegenden französischen Soldatenfriedhof, an dem
jährlich an die Gefallenen gedacht wird. Hier legt
seit 2015 die deutsche Delegation aus Braunschweig Kränze nieder. Deutsche Gefallene sind dort nicht bestattet. Befremdend fanden wir, dass unmittelbar am Rande des Friedhofs ein Schießstand in vollem Betrieb war. Im hinteren Teil war neben der belgischen, der franösischen und der Europaflagge die Fahne der Bundesrepublik Deutschlands gehisst. |
Auf der Rückfahrt von Belle-Motte nach Roselies. Nach von Sobbe hatten sich die französischen Soldaten auf diese Höhe im Vordergrund zurückgezogen. Von den gegenüberliegenden Höhen marschierte das Infanterie-Regiment 92 aus Lambusart auf Roselies, um die besetzten Höhen zu nehmen. Der kleine weiße Strich vor der Pfeilspitze ist der Kirchturm von Roselies. Die im Vorder- und Mittelgrund zu sehenden Häuser gab es 1914/18 nicht. |
Die
eigentliche diesjährige Veranstaltung, die unter dem Motto "Geteilte Erinnerung" lief, war die Schuleinweihung und die Enthüllung eines Denkmals. Hieran nahm als Vertreterin der Stadt Braunschweig die Bürgermeisterin Frau Ihbe teil. Auch war wieder eine kleine Gruppe BIBS-Mitglieder anwesend. In der unteren Reihe im linken Bild die Ankunft der Braunschweiger. Im mittleren Bild links die BIBS-Gruppe. |
![]() |
Vor
dem Schulgebäude begrüßte der
Bürgermeister, im Bild rechts neben Frau Ihbe, die anwesendes Gäste und bat sie anschließend in den Empfangsraum, in dem auf vielen Stellwänden die Ereignisse von 1914 in Bild und Text zu sehen waren. Hier überbrachte die Bürgermeisterin die Grüße der Stadt Braunschweig und erinnerte an die Schlacht an der Sambre und die damit verbundenen Schrecken. Ein anschließender Empfang mit Gebäck und Wein beendete den ersten Teil der Veranstaltung. Danach ging es unter Fahnen- und Musikbegleitung zur Kranzniederlegung zu dem neu erstellten Denkmal am seitlichen Ende des Schulhofes. |
![]() |
Auf
der mittleren Säule unter dem Wappen der Gemeinde
Aiseau-Presles
sind die Worte "La Mémoire Partagée" (Gemeinsame Erinnerung), 1914-1918, und das Einweihungsjahr 2018, in der linken Säule das Wappen und der Name der Stadt Rouen, in der rechten das Braunschweiger Wappen und der Name der Stadt Braunschweig eingemeißelt. Unter dem Abspielen der belgischen und der französischen Nationalhymne und der Ode "Freunde, schöner Götterfunken" von Beethoven wurden die Kränze abgelegt. Damit war die Veranstaltung beendet. Gäste und Besucher und auch wir machten uns auf den Heimweg. |
||
Nach
Rückkehr in
den Heimatort erreichte mich eine Mail die besagte, dass noch ein
ökonomischer Gottesdienst und am Sonntag eine
Gedenkveranstaltung
auf dem Soldaten- friedhof Belle-Motte stattfand, an der ca. 400 Teilnehmer, hohe Militärs und auch der deutsche Botschafter aus Brüssel teilnahmen. |
||
28.08.2018 Armin Lienstädt |
Seite: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 11 12 13 |